Ständige Erreichbarkeit im Beruf und ihre Folgen
Bern, 5. April 2017
Kommt Ihnen folgendes Szenario bekannt vor? Sie liegen eigentlich schon entspannt auf Ihrer Couch und genießen den Feierabend, als sich Ihr Vorgesetzter noch kurz mit neuestem Input zu dem Projekt, das Sie gerade betreuen, meldet. Ein Geistesblitz, eine neue Information, ein guter Vorschlag, der sofort weiter gegeben werden musste und nicht mehr auf den nächsten Tag warten konnte.
Alles halb so schlimm, denken Sie, schließlich haben Sie ja nur fünf Minuten verloren. Und schließlich besitzen Sie das Handy ja gerade aus dem Grund, immer erreichbar sein zu können. Ist dies die neue Realität der Arbeitswelt, und bleibt diese folgenlos für Sie?Die moderne Technik ist, wieder einmal, möchte man sagen, Segen und Fluch zugleich. Jeder besitzt zumindest einen eigenen PC oder Notebook, Smartphones und Tablets haben sich auch schon in den meisten Haushalten breit gemacht. Internetzugang gibt es quasi überall und zu jeder Zeit. Die Anzahl der sozialen Netzwerke und der Nachrichtenapps steigt fast genauso schnell, wie die ihrer Nutzer. Die Folge: Wir sind immer und überall erreichbar. Eigentlich perfekt – Familie und Freunde können uns in Echtzeit erreichen, sich mit uns austauschen und gemeinsam planen. Die Kehrseite ist, dass dasselbe auch für Chefs und Kollegen gilt. Die Verlockung ist groß – dadurch, dass wir wissen, dass wir auch unterwegs auf die Nachrichten unseres Geschäftskontos zugreifen können, tun wir es auch. Vielleicht nur, um ganz sicher zu sein, dass wir nichts vergessen haben, aber oft auch um noch Liegengebliebenes aufzuarbeiten. Und bevor es uns richtig bewusst wird, finden wir es normal, jederzeit auch für die Firma erreichbar zu sein. Dabei sind es nicht immer nur die Vorgesetzten, sondern oftmals auch Kollegen oder sogar Kunden, die noch kurz etwas abklären möchten.Wer sind aber die Arbeitnehmer, die am ehesten bereit sind, die Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit verwischen zu lassen? Am ehesten sind es jüngere Beschäftigte, deren Erfahrung auf der aktuellen Lage des Arbeitsmarktes beruht, ein Arbeitsmarkt, der gezeichnet ist von befristeten Stellen und allgemein kleinen Gehältern. Gleichzeitig sind es aber auch die Vertreter der Generation, für die die ständige Erreichbarkeit zum Alltag gehört. Es ist also kein Wunder, dass es diesen Personen weniger ausmacht, am Abend oder am Wochenende noch schnell etwas für die Arbeit zu erledigen. Sie wollen ihren Job behalten. Ehrgeizige Mitarbeiter, die alles richtig machen wollen, gehören auch zu denen, die immer erreichbar sind, vor allem, wenn sie in Betrieben mit wenigen Angestellten, aber vielen Aufgaben und großer Eigenverantwortung arbeiten.Die Folgen sind wenig überraschend: Müdigkeit, Überarbeitung, Streit mit Lebenspartnern, die nicht immer Verständnis dafür haben, dass ihre bessere Hälfte entweder weniger Freizeit hat, oder an freien Tagen wegen Übermüdung nichts unternehmen möchte. Was übrigens dazu führt, dass Sie sich nicht erholen können. Unser Rat deswegen: Achten Sie immer darauf, dass die Work-Life-Balance für Sie stimmt und vergessen Sie nicht, dass der Gesetzgeber nicht umsonst die zulässige maximale tägliche Arbeitszeit regelt. Um im Beruf richtig funktionieren zu können, brauchen Sie auch Ihre Freizeit. So gesehen ist sie weniger ein Privileg, sondern ein Muss.
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